„Bahnhofsbesucher“ und „Gomorrha“

Der Hauptbahnhof von Frankfurt am Main gilt als einer der dreckigsten des Landes. In der Tat wirkt er wie übriggeblieben aus längst vergangenen Zeiten; ganz gleich in welcher Stadt man war, an den Bahnhöfen gab es alles, Tag und Nacht: Drogen, Prostitution und Pornokinos, Wettbüros, billige Hotels, Hoffnung und gescheiterte Hoffnung, alle Schlechtigkeit der Welt. Alle Gerüche der Welt. Alle Zeitungen der Welt. Die einst prächtigen Bahnhofsrestaurants waren zwar schäbig geworden; aber dem Nostalgiker gefiel gerade dieses Unhygienische, Unvertuschte: die speckigen Kellner, schlechtbezahlt und mit schlechten Manieren, die einsamen Trinker, die nicht allein sein wollten und den Umtrieb brauchten; man findet sie heute noch, wo immer eine S-Bahn-Station über ein Kiosk verfügt. Ein Bahnhof war eine Welt. Dagegen der Berliner Hauptbahnhof – –

Nur mir macht sowas leider keinen Spaß.

Auf dem Tanzboden wächst kein Gras

Und der grüne Mond ist abbestellt

Ne Musik gibt’s da,

da kann man sich nur schämen für sein Geld!

Joe, mach die Musik von damals nach:

Alter Bilbao-Mond …

(Weill/Brecht, Bilbao-Song, https://www.youtube.com/watch?v=uC2tnJm6GZw)

 

Geschrieben am 22.10.2017